Totenkult in Toraja

Von Manuela
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Indonesien
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Nach einer langen und kurvigen Fahrt im Nachtbus kamen wir frühmorgens in der Stadt Rantepao im zentralen Hochland von Sulawesi an. Das Toraja Gebiet ist für seine einmaligen Totenkultur bekannt. Wir hatten schon viel von anderen Reisenden darüber gehört und waren gespannt was uns erwartete. Wir hatten bereits ein Zimmer im Pias Poppies Hotel gebucht, damit mir so früh am Morgen nicht noch suchen mussten. Zum Glück war das Zimmer bereits frei und wir konnten uns nochmals ein wenig hinlegen. Am nächsten Tag erkundeten wir das Hochland mit einem gemieteten Roller.

Wunderschöner Garten gleich vor unserem Zimmer

Das spezielle der Toraja Kultur ist, dass die Leute hier sehr grossen Wert auf die Opfergaben legen. Geopfert werden Büffel und Schweine damit es dem Verstorbenen auf seinem Weg an nichts mangelnd. Je mehr Büffel geschlachtet werden an einer Beerdigung, desto wichtiger und angesehener ist die Familie. Es geht also um weit mehr als nur das Fleisch. Der Preis eines Büffels wird auch nicht aufgrund der Grösse oder dem Gewicht bestimmt, sondern aufgrund der Schönheit des Büffels.

Ein Albino-Büffel (sehr teuer!)

Dabei kann ein blauäugiger Albino Büffel schnell mal so teuer sein wie zwei Toyotas. Die Begräbniszeromonien können mehrere Tage bis zu einer Woche dauern und es werden hunderte von Leuten eingeladen, die auch alle verköstigt werden sollten. Das heisst, dass eine Familie zuerst eine Gewisse Zeit braucht um das Geld für eine solch teure Beerdigung zu sparen. So ist es normal, dass zwischen Tod und Beerdigung mehrere Jahre liegen. Der Verstorbene gilt dann zuerst als krank und wohnt weiterhin bei der Familie zu Hause und erst an der Beerdigung wird er dann für Tod erklärt.

Die meisten Beerdigungen finden während den Monaten Juli und August statt, da dann keine Regenzeit herrscht und die Reisernte vorüber ist. Da gerade August war, hofften wir, nicht mit unserem Roller gleich in solch eine Trauerfeier mit mehreren Schlachtungen vorbeizufahren. Aber wir hatten Glück, ausser ein paar Schweinen die auf den Anhängern der Autos festgeschnallt wurden, genossen wir die wunderschöne Landschaft des Hochlands. Diese ist umgeben von den saftig grünen Reisterassen.

Wir besuchten eine Höhle in denen sie die Toten aufbewahrten. Eigentlich wollten wir noch weiter besichtigen, aber auch in den entlegensten Gebieten verlangen sie überall Eintritt. So entschieden wir uns einfach noch ein wenig mit dem Roller rumzufahren.

Für die Mittagspause fanden wir ein kleines Restaurant inmitten von Reisfeldern. Es war nur ein anderer Mann dort, der uns in gebrochenem Englisch erklärte, das er hier arbeite, um seinen Kindern in Makassar das Studium zu finanzieren. Er war sehr freundlich und wollte uns auch essen anbieten, aber soviel wir verstanden, handelte es sich dabei um Hund was wir nun wirklich nicht essen wollten. So gab es für uns einfach ein wenig Reis mit Tempe.

Am späten Nachmittag gingen wir zum „Kaana Toraya Coffee“, gleich bei unserem Hotel um die Ecke. Die Gegend ist bekannt für seinen guten Arabica Kaffee und endlich konnten wir wiedermal richtig guten Kaffee trinken. Weil es uns so gut schmeckte, kauften wir noch ein wenig für zu Hause. Dafür rösteten sie dann auch gleich ihre Bohnen in ihrer selbst gebauten Rösterei mithilfe eines Wasserrades.

Kaffeebohnen

Am nächsten Tag machten starteten wir unsere zweitägige Wanderung. Wir hatten diese am Tag vorher mit einem französischen Pärchen, Marc und Bernadette gebucht. Diese hatten wir beide schon in Bira getroffen und waren per Zufall auch noch im gleichen Hotel in Toraja. Unser Guide hatte bereits alles vorbereitet und so konnten wir nur ins Auto steigen und los ging die Tour. Wir starteten bei einem kleinen Dörfchen inmitten des Dschungels. Während der Wanderung erzählte unser Guide viel über die Kultur der Torajas.

Unter anderem zeigte er uns Fotos von den Begräbnisreinigungen die alle 3-4 Jahren vorgenommen werden. Dabei werden die Leichen aus ihren Gräbern entfernt und neu angezogen. Die Fotos erinnerten uns an die bekannte Zombieserie The Walking Dead. Ausserdem erklärte er uns, warum die Häuser hier ein sattelförmiges Dach haben. Diese sollen an die Vorfahren erinnern, die mit den Schiffen von José nach Sulawesi gekommen sind.

Und natürlich erzählte er uns viel über die verschiedenen Büffel. Auch jedes Haus hat vorne die Hörner der Tiere aufgehängt. Dies soll den Status der Familie zeigen. Während der Wanderung kamen wir an mehreren Reisfeldern vorbei und konnten eine wunderschöne Aussicht geniessen.

Am späten Nachmittag kamen wir dann in dem Dorf an, in dem wir übernachteten. Geschlafen wurde in einem traditionellen Haus. Das Abendessen wurde von einer Familie aus dem Dorf gekocht. Es gab ein traditionelles Essen, welches in ein Bambus gegeben wird und dann ins Feuer gelegt wurde und so gekocht wird. Am Abend erzählte unser Guide noch von den Hahnenkämpfen, die hier manchmal stattfanden und dann hatte ich auch langsam genug gehört und ging schlafen.

Am nächsten Tag wanderten wir nochmals einige Stunden bis uns der Bus abholen kam und wir wieder zurück ins Hotel konnten.

Tags darauf gingen wir dann noch mit Marc und Bernadette zu einer Beerdigung. Wir fragten unseren Guide extra nach einer Beerdigung ohne Schlachten. Da diese Zeremonien mehrere Tage gehen, gibt es auch Tage an denen nicht geopfert wird. Als wir aber dort ankamen lagen die Schweine aber schon überall mit Kabelbindern an Holzpfählen angebunden irgendwo im Gras. Das Geschrei der Schweine war schrecklich. Es waren extra für die Beerdigung mehrere Holzhütten gebaut worden, wo alle Gäste sassen und verköstigt wurden. Die Männer trugen schwarze Sarongs, während die Frauen rote Kleider trugen.

Aus einem Mikrofon wurden die nächsten Programmpunkte erklärt, die unser Guide für uns übersetzte. Es herrschte eine ganz andere Stimmung als bei unseren Beerdigungen. Zwar wurde auch geweint, als der Verstorbene in seinem Sarg durch die Menge getragen wurde, aber durch die viele Leute zusammen mit dem Mikrofon war es sehr laut.

Wir wurden dann von der Familie noch eingeladen um mitzuessen und gaben im Gegenzug unser Geschenk, eine Packung Zigaretten. Wir fragten uns, ob es die Familie nicht stört, wenn einfach Touristen an die Beerdigung kamen die sie nicht kannten. Aber unser Guide erklärte uns, dass es Glück bringt, wenn Touristen dabei sind und je mehr Leute kommen, desto angesehener ist die Familie. Als wir dort assen transportieren sie immer wieder Tiere nach vorne. Es war nur schwer mitanzusehen, wie sie die Schweine behandelt wurden. Nachdem sie dann den ersten Büffel geopfert hatten, ging ich wieder zurück zum Roller, für mich hatte das gereicht.

Anschliessend besuchten wir noch eine Gedenkstätte bei denen besonders wichtige Verstorbene mit Hinkelsteinen gedenkt wurden. Je grösser der Stein desto wichtiger die Person. Vor den Gräber standen allerei Dinge und unser Guide erklärte uns, dass wenn einem der Tote im Traum erscheint und durstig oder hungrig ist, bringt die Familie am nächsten Morgen Wasser und Essen zum Grab. Ausserdem besuchten wir noch die Babygräber, ein Baum in dessen Baumstamm die Babys liegen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es eine sehr spannende Erfahrung war. Es ist beeindruckend, dass die Toraja Leute ihre Kultur trotz Kolonialisierung und christlicher Missionierung so beibehalten konnten. Auch finde ich es spannend, dass ihr Glaube so stark ist, dass sie ihr ganzes gespartes Geld ausgeben um Büffel zu kaufen, damit es dem Verstorbenen auf seinem weiteren Weg an nichts fehlt. Ich finde es auch schön, dass die Büffel einen solch hohen Status bei ihnen haben und so Wert geschätzt werden. Dafür wurden die Schweine um so schlechter behandelt und das Geschrei dieser Tiere werde ich wohl noch lange hören.

Nach diesen aufreibenden 4 Tagen wo sich eigentlich alles nur um den Tod gedreht hatte, waren wir froh Richtung einsame Insel aufzubrechen. Als nächstes standen die paradiesischen Togean Islands auf dem Plan. Um dahin zu kommen stand uns aber eine dreitägige Reise bevor.